Samstag, August 05, 2006

40 Jahre "Revolver"


Heute vor 40 Jahren ist Revolver von den Beatles erschienen - ein Album, das auf dem ständig umkämpften ersten Platz meiner liebsten Beatles-Alben bemerkenswert oft auftaucht (darin nur übertroffen von Abbey Road). (Anm.: Man beachte, wie geschickt ich mich um eine Reihung von Beatles-Alben zu drücken versuche, nur um dann doch eine zu liefern.) Nutzen wir die Gelegenheit doch, um nicht über die historische Bedeutung, die Einflüsse von Drogen oder das Klaus Voormann-Cover zu sprechen, sondern über die Songs – und zwar streng subjektiv.

1. Taxman

Ein geradliniges Rockstück, in dem sich Harrison über die Steuer ärgert. Ob man es glaubt oder nicht, gleich der Opener gefällt mir gar nicht so wahnsinnig. Für mich trotz des witzigen Texts einer der verzichtbareren auf der Platte.

2. Eleanor Rigby

Aber jetzt geht’s los. Was für ein Song. McCartney singt über Einsamkeit, Vergänglichkeit und Tod und wird dabei nicht etwa von den restlichen Beatles, sondern von zwei Streichquartetten begleitet.

Father McKenzie
Wiping the dirt from his hands as he walks from the grave
No one was saved

Unerreicht.

3. I’m Only Sleeping

Für mich als militanten Morgenmuffel sowieso ein perfektes Stück. Fängt großartig die Atmosphäre des morgendlichen Halbschlafes ein und ist in einer ökonomisch bestimmten, hektischen Leistungsgesellschaft wie unserer im Grunde der radikalste Protestsong, den man sich vorstellen kann.

Everybody seems to think I'm lazy
I don't mind, I think they're crazy
Running everywhere at such a speed
Till they find, there's no need

Besonders cool: Die rückwärts abgespielten Gitarren.

4. Love You To

Irgendwie mag kaum jemand, den ich kenne, diese Indischen-Exzess-Songs von Harrison wie diesen hier oder auch Within You Without You auf Sgt. Pepper. Ich finde beide toll und Love You To ist sogar mein Lieblings-Harrison-Song auf dem Album.

5. Here, There And Everywhere

Auch wenn mich die Lennon-Extremisten dafür verabscheuen: Ich find’s großartig (und hey, auch Lennon mochte den Song.) Inspiriert von God Only Knows von den Beach Boys gelingt McCartney wie schon bei Yesterday oder Michelle eine unwiderstehlich schöne Pop-Melodie.

6. Yellow Submarine

Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich den Film in meiner Kindheit gesehen habe. (Wer ihn nicht kennt, sofort nachholen.) Dementsprechend groß ist meine Liebe zu diesem einfachen, aber unheimlich charmanten Liedchen. Everyone of us has all we need...

7. She Said She Said

Hier haben wir Psychedelic-Rock der besten Sorte von Lennon, inspiriert von einem Ausspruch Peter Fondas während einer gemeinsamen LSD-Session. Der When I was a boy-Teil wirkt in seiner Deplatziertheit herrlich bizarr.

8. Good Day Sunshine

Auch eher ein Song zum Überspringen. Wahrscheinlich zuviel Lebensfreude für meinen Geschmack.

9. And Your Bird Can Sing

Lennon hat sich später für den Song geschämt, hatte aber wie ich finde keinen Grund dazu. Okay, es ist kein großer Wurf, aber immerhin recht mitreissend.

10. For No One

Genial. Eine der besten McCartney-Kompositionen. Melancholisch, bescheiden, hat Stil.

11. Doctor Robert

Okay, aber auch nicht gerade das Spannendste auf dem Album. Am besten gefällt mir der fies-ironische Well, well, well, you’re feeling fine-Teil.

12. I Want To Tell You

Nicht mein Lieblings-Harrison-Song, aber durchaus kreativ. Das Riff zum Beispiel ist toll.

13. Got To Get You Into My Life

McCartneys Hymne auf Marihuana, aber natürlich funktioniert’s auch auf alles andere angewendet. Tolle Bläser.

14. Tomorrow Never Knows

Die Krönung. Die Melodie dieses experimentellen, meditativen Meisterwerks basiert wie in der indischen Musik nur auf einem einzigen Akkord, der Text ist von Timothy Learys Buch The Psychedelic Experience inspiriert (das wiederum auf das tibetanische Totenbuch zurückgreift) und last but not least kommen die irrsten Studioeffekte zum Einsatz. Lennon sagte in seiner gewohnt konkreten Art zum Produzenten George Martin, er wolle, dass seine Stimme klänge wie die des Dalai Lama, der auf dem höchsten Berggipfel singt, mit tausenden Mönchen, die im Hintergrund mitsingen – was mit Hilfe eines Leslie-Lautrechers recht gut gelungen ist, wie ich meine. Dazu kamen die Bandschleifen, die unter anderem für das „synthetische Möwengeschrei“ und das Chaos aus Trompeten und Gitarren sorgten, das sich durch den ganzen Song zieht. Und nicht vergessen werden darf natürlich Ringo Starrs kongenialer Schlagzeug-Beat. Turn off your mind, relax and float down stream…

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