Dienstag, März 06, 2007

Flags of our Fathers / Letters from Iwo Jima


Achtung: Eventuell kleinere Spoiler.


Gleich vorweg: Ich finde das Projekt ziemlich reizvoll, das Steven Spielberg und Clint Eastwood da auf die Beine gestellt haben. Zwei Filme über eine historische Schlacht, zuerst aus der einen Perspektive, dann aus der des Gegners. Speziell handelt es sich um das Gefecht zwischen den USA und Japan um die Herrschaft über die Pazifikinsel Iwo Jima im Zuge des Zweiten Weltkriegs. Eastwood übernahm bei beiden Filmen die Regie.

Der erste Film, Flags of our Fathers, schildert die amerikanische Perspektive und erzählt die Geschichte rund um das berühmte Foto, das sechs US-Soldaten beim Flaggenhissen auf dem Berg Suribachi zeigt. Vorlage für den Film ist das Buch des Sohnes eines der Soldaten - die Entstehung dieses Buches dient auch als Rahmenhandlung. Diese wird wiederum vermischt mit zwei Handlungssträngen, die immer wieder hin- und herspringen und von den Hauptfiguren zusammengehalten werden: Zum einen die Schlacht auf Iwo Jima an sich, zum anderen die daraufgefolgte PR-Tour der Kriegshelden durch die USA. Dieses Durcheinander von Zeitebenen ist nicht komplett gelungen, führt aber auch zu einer der besten Szenen des Films: Die drei Hauptfiguren erklimmen mit der Fahne den Gipfel, während es rund um sie knallt und kracht; doch just als sie den Mast in den Boden stecken offenbart uns die Kamera, dass wir uns in Wirklichkeit bei einer Festveranstaltung in einem Footballstadion und die drei Helden sich auf einem nachgebauten Karton-Berg befinden; das Knallen kommt von Feuerwerkskörpern.

Anhand dieser doch ziemlich ironischen Szene sehen wir schon, dass es Eastwood unter anderem natürlich ums Dekonstruieren geht: Der Hype um das Bild und seine Helden ist auf einer ganzen Menge Lügen aufgebaut, aber für die US-Regierung immens wichtig gewesen, da sie zu dem Zeitpunkt so gut wie Pleite war und dringend Unterstützung brauchte, die wiederum nur durch einen Moral-Boost in der Bevölkerung möglich war. Die Schlachtszenen bekommen wir in klassischer Saving Private Ryan-Manier geboten, inklusive jeder Menge Eingeweide und abgetrennter Gliedmaßen und mit viel Wackelkamera, die uns die Chaotik der Situation verdeutlichen soll. Diese Szenen sind hervorragend inszeniert, und da liegt auch das Problem.

Ich weiß ja nicht wie es anderen Menschen geht, aber ich war einfach viel zu sehr von der Grandiosität von Kamera, Schnitt und Ton überwältigt, als dass ich noch viel anderes hätte fühlen können. Jedes Mal wenn es BUMM gemacht und der Kinosaal gebebt hat, habe ich mich gefreut wie ein kleines Kind. Und auch wenn einem Soldaten die Innereien heraushingen, dachte ich mir vor allem: Wow, wie haben die Make-Up-Leute das nur wieder hingekriegt? Technisch perfekt das alles. Nun könnte es sein, dass ich einfach zu einer sehr abgestumpften und zynischen Generation gehöre, aber umso mehr sollte man sich vielleicht Gedanken machen, ob dieser Weg, Antikriegsfilme zu machen, nicht schön langsam überholt ist. Ich verlange jetzt natürlich nicht ausgerechnet von Clint Eastwood, dass er in Hollywood eine neue Filmsprache einführt, aber generell würde ich meinen: Antikriegsfilme nach klassischem Muster sind tot. Bis auf die Eingweide und Körperteile funktionieren die meisten dieser Filme noch immer nach dem Muster von All Quiet on the Western Front. Und keinen berührt es mehr, weil wir es schon zig Mal gesehen haben. Andere Wege mit dem Thema umzugehen zeigen zum Beispiel Filme wie Apocalypse Now, Platoon oder The Thin Red Line, wenn diese auch trotz ihrer Sinnlichkeit eher auf einer existenziell-philosophischen Ebene funktionieren (und wenn auch letzterer in meinen Augen kläglich gescheitert ist), die dafür aber auch zeitloser ist.

Wollen wir aber fairerweise nicht vergessen, dass es in Flags of our Fathers neben dem Schrecken des Krieges ja vor allem um die Rolle des ikonischen Flaggen-Fotos geht und damit um die Frage nach dem Begriff Heldentum. Die Antwort bekommen wir etwas unelegant am Ende des Films zusammengefasst: Heldentum ist etwas, das die Menschen brauchen, um einen Sinn in etwas Entsetzlichem und im Grunde Abstrusem wie dem Krieg zu finden. Das Bild des Helden, der sich für sein Vaterland opfert wird jedoch vor allem von Medien und Politik inszeniert; wenn sich diese Leute aufopfern, dann für die Freunde und Kameraden um sie herum. Das ist zwar ein bisschen gar konsensual, aber werden wir nicht übermütig, wir sind schließlich noch immer in einem Hollywood-Film von Clint Eastwood, der sich obendrein zu dem Zeitpunkt sowieso längst als gescheitert erwiesen hat. Okay, das ist zu hart. Er ist nicht schlecht und hat durchaus einige interessante Dinge zu sagen. Aber richtig gut ist er halt auch nicht; Paul Haggis' Drehbuch ist einfach zu unausgewogen, die Charaktere zu flach und uninteressant. Ryan Philippe im Matrosenanzug. Nuff said.

Kommen wir also zu Letters from Iwo Jima, dem Film, der alles besser macht. Er zeigt die japanische Perspektive und hat das Glück, keinen Medienhype dekonstruieren zu müssen, sondern sich ganz auf die Schlacht an sich konzentrieren zu können - von ein paar kurzen Rückblenden abgesehen spielt der gesamte Film auf Iwo Jima. Die Drehbuchautorin Iris Yamashita liefert uns dabei endlich das, was wir beim Komplementärfilm so sehr vermisst haben: Charaktere, an denen uns etwas liegt. Im Vordergrund stehen dabei vor allem zwei: der charismatische, im Grunde amerikafreundliche General Kuribayashi (Ken Watanabe) und der einfache Soldat Saigo (Kazunari Ninomiya), der seine schwangere Frau daheim zurücklassen musste. Der Antikriegsaspekt ist dadurch viel eleganter in die Handlung integriert. Auch Eastwoods Inszenierung ist gelungen, weil auf poetische Weise düster, nahezu apokalyptisch. Dies führt den Film ein wenig mehr auf die existenzielle Ebene, von der ich vorhin gesprochen habe.

Meine Lieblingsszene war übrigens folgende: Zwei japanische Soldaten haben sich ein paar Amerikanern ergeben. Zwei der Marines bewachen die Gefangenen, bis es ihnen zu dumm wird; also knallt einer der beiden die wehrlosen Japaner - weiße Friedensfahne noch in der Hand - einfach ab. Diese Szene hat mir deshalb so so gut gefallen, weil sie all meine im Laufe des Films aufgekommenen Befürchtungen eliminiert hat, er laufe nur darauf hinaus, dass die meisten Japaner einfach zu blöd sind, rechtzeitig zu bemerken, was die Amis im Grunde für großartige, gutherzige Kerle sind.

Wenn man sich also unbedingt für einen der beiden Filme entscheiden will - und das geht, weil beide Filme wirklich in sich abgeschlossen und eigenständig sind - dann für Letters. Wer allerdings das innovative Projekt als solches erfahren möchte, der muss sowieso beide sehen. Die Reihenfolge ist dabei wiederum egal.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Danke für diese nette Rezi :)

Anonym hat gesagt…

This is great info to know.